Irrtumsanfechtung und Anfechtung wegen unrichtiger Übermittlung >>


Aus der Regelung des § 119 BGB ist zunächst zu entnehmen, dass das Recht für eine Willenserklärung nicht eine irrtumsfreie Übereinstimmung von Wille und Erklärung fordert. Auch die irrtümliche Willenserklärung erfüllt die Begriffsmerkmale einer Willenserklärung, deren Wirkungen nur durch ein entsprechendes Rechtsgeschäft, das vom Gesetz als Anfechtung bezeichnet wird, beseitigt werden können. Insofern ist § 119 BGB eine für die Bestimmung des Begriffs der Willenserklärung bedeutsame Vorschrift.

§ 119 BGB betrifft verschiedene Irrtumsfälle. Ein Recht zur Anfechtung wegen Irrtums gemäß § 119 BGB besteht nur, wenn der Irrtum objektiv erheblich ist, wenn also - wie es in § 119 BGB heißt - anzunehmen ist, dass die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben worden wäre.

  • Erklärungsirrtum → § 119 Abs. 1 BGB
    § 119 Abs. 1 BGB erfasst zunächst den Irrtum in der Erklärungshandlung, der bisweilen auch als Irrung bezeichnet wird. Beispielhaft werden dazu genannt das Versprechen, das Verschreiben und das Vergreifen. Gekennzeichnet ist der Inhaltsirrtum dadurch, dass jemand etwas erklärt, was er gar nicht erklären will.
  • Inhaltsirrtum → § 119 Abs. 1 BGB
    Vom Erklärungsirrtum unterscheidet § 119 Abs. 1 BGB den Irrtum über den Inhalt der Willenserklärung: Dabei will der Erklärende, der sich in einem Inhaltsirrtum befindet, zwar das erklären, was er erklärt; er verbindet mit seiner Erklärung aber einen anderen Sinn, als den, der ihr objektiv zukommt. Ein beliebtes Schulbeispiel dafür stammt aus der Rechtsprechung des Reichsgerichts: Jemand bestellt Haakjöringsköd in der Meinung, das es sich dabei um Walfischfleisch handelt. Tatsächlich ist Haakjöringsköd der norwegische Ausdruck für Haifischfleisch.
  • Motivirrtum → § 119 Abs. 2 BGB
    Eine ganz andere Art des Irrtums ist der Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften einer Person oder Sache gemäß § 119 Abs. 2 BGB. Grundsätzlich sind bloße Motivirrtümer rechtlich unbeachtlich; sie berechtigen nicht zur Anfechtung der auf ihnen beruhenden Willenserklärungen. Von diesem Grundsatz bildet § 119 Abs. 2 BGB eine Ausnahme: der dort umschriebene Irrtum begründet ein Anfechtungsrecht des Irrenden, wobei für die Feststellung der Verkehrswesentlichkeit der Eigenschaft auf das konkrete Rechtsgeschäft abzustellen ist. Bei Verträgen bedeutet das, dass letztlich das Abweichen der Eigenschaften der Person oder Sache ("Istbeschaffenheit") von den vertraglichen Beschaffenheitsvereinbarungen ("Sollbeschaffenheit") das Anfechtungsrecht nach § 119 Abs. 2 BGB begründet, wobei allerdings im Falle des Beschaffenheitsirrtums des Käufers in Bezug auf die Kaufsache die Regelung der Irrtumsanfechtung durch die Vorschriften über die Mängelgewährleistung verdrängt werden.
  • Anfechtung wegen unrichtiger Übermittlung → § 120 BGB
    Wie eine irrtümlich abgegebene Willenserklärung behandelt § 120 BGB die durch Einschaltung anderer unrichtig übermittelte Erklärung. Nach h. L. soll § 120 BGB aber nicht gelten im Falle des bewussten Abweichens des Boten von der Erklärung des Auftraggebers. Dann "übermittelt" der Bote ja keine Erklärung seines Auftraggebers, sondern gibt eine eigene WE ab unter Täuschung des Empfängers über den Urheber der Erklärung.
    Das Ausmaß der Abweichung ist dagegen unerheblich. Auch eine durch den Boten völlig veränderte Erklärung und sogar eine Erklärung an eine andere Person fällt unter § 120 BGB.

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